"Ist das denn zu viel verlangt!?" - Warum wir unsere Erwartungen an unsere Kinder liebevoll hinterfragen dürfen

Im Alltag mit kleinen Kindern wünschen wir uns oft keine großen Dinge
Es geht um das Kleine, das Alltägliche.

Ein bisschen Kooperation beim Anziehen, ein reibungsloses Zähneputzen, ein freundliches „Okay Mama, okay Papa“ nach einem Nein. Ein Abend ohne Drama, einfach mal durchatmen können.

Diese Wünsche sind mehr als verständlich. Denn wir Erwachsene, die Kinder begleiten - als Eltern, Familienangehörige oder andere Bezugspersonen - stehen oft unter Strom. Zwischen Arbeit, Terminen, Haushalt und Mental Load sehnen wir uns nach Momenten, in denen einfach mal etwas gelingt.

Und genau deshalb fühlt es sich so frustrierend an, wenn selbst diese scheinbar kleinen Dinge nicht klappen. Wenn unsere Kinder nicht reagieren oder schlichtweg nicht tun, worum wir sie bitten, taucht oft die leise Frage auf:

Muss das wirklich so schwer sein?
Was, wenn unsere Kinder gar nicht gegen uns sind
Wenn unsere Kinder schreien, sich verweigern oder in sich zurückziehen, wirkt das schnell wie "Trotz".

Doch in den allermeisten Fällen steckt keine Absicht dahinter, sondern Überforderung. Das Gehirn von kleinen Kindern ist noch im Aufbau. Die Fähigkeit, Frust auszuhalten, Impulse zu steuern oder Anweisungen direkt umzusetzen, entwickelt sich erst Schritt für Schritt.

Wenn Worte nicht ankommen: Oft liegt hinter dem Verhalten eines Kindes keine Absicht, sondern Überforderung. | © Canva

Und sie gerät schnell ins Wanken, vor allem dann, wenn unsere Kinder müde, hungrig, überreizt oder innerlich erschöpft sind. In solchen Momenten hilft kein zusätzlicher Druck. Was sie dann brauchen, sind Erwachsene, die innerlich ruhig bleiben. Die nicht nur reagieren, sondern Halt geben.

Kinder erleben den Alltag ganz anders
Ein häufiger Auslöser für Konflikte liegt darin, dass Kinder Zeit ganz anders wahrnehmen als wir.

Was für uns fünf Minuten sind, ist für ein dreijähriges Kind kaum greifbar. Ein strukturierter Tagesablauf fühlt sich für sie an wie eine Reihe von überraschenden Aufforderungen, oft ohne erkennbare Übergänge.

Dazu kommt, dass Kinder andere Prioritäten haben.

Während wir Erwachsene an Uhrzeiten, Effizienz und Planung denken, leben Kinder im Moment. Sie handeln aus dem Bauch heraus und nicht nach dem, was als Nächstes dran ist.

Wenn unsere Kinder also scheinbar trödeln oder nicht hören, dann folgen sie oft einfach nur ihrem natürlichen Rhythmus. Das ist kein Ungehorsam, sondern ein gesunder kindlicher Entwicklungsprozess.

Viele Neins, wenig Mitbestimmung
Studien zeigen, dass Kinder am Tag zwischen 50 und 100 Mal ein Nein oder eine Einschränkung hören.

Manche davon sind unheimlich wichtig, weil sie schützen oder eine Situation sicher machen. Doch viele entstehen eher aus unserem eigenen Stress, aus Eile oder aus eingefahrenen Abläufen, oft ohne dass wir es bewusst wahrnehmen.

Wenn unsere Kinder immer wieder gestoppt werden, ohne echte Wahlmöglichkeiten oder Mitsprache, kann sich innerlich viel Spannung aufbauen. Diese entlädt sich häufig genau dann, wenn wir es am wenigsten brauchen können, beim Anziehen, Zähneputzen oder Einschlafen. Das ist kein unkooperatives Verhalten, sondern oft ein Zeichen dafür, dass ein Kind gerade versucht, mit einer Welt zurechtzukommen, die zu viel ist.

Erwartungen anpassen heißt nicht, auf Grenzen zu verzichten
Es geht nicht darum, unsere Kinder ohne Orientierung durch den Alltag gehen zu lassen.

Im Gegenteil: Kinder brauchen klare, liebevoll gesetzte Grenzen, nicht als Kontrolle, sondern als verlässlichen Rahmen, der ihnen Sicherheit gibt. Und wir Erwachsenen tragen die Verantwortung, diesen Rahmen so zu gestalten, dass er trägt und Beziehung fördert.

Es lohnt sich also, unsere Erwartungen immer wieder zu hinterfragen. Ist das, was wir gerade möchten, altersgerecht? Können unsere Kinder das in diesem Moment leisten, mit dem Energielevel, das gerade da ist?

Kinder brauchen nicht nur Regeln, sondern vor allem Begleitung – besonders in Momenten, die sie selbst kaum einordnen können. | © Canva

Ein ruhig und klar gesetztes Nein wirkt oft stärker als viele Worte im Stress. Und eine Grenze, die in Verbindung gesetzt wird, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von echter Führung.

Kinder kooperieren, wenn sie sich sicher fühlen
Kooperation entsteht nicht durch Drohungen oder Kontrolle.

Sie entwickelt sich, wenn unsere Kinder spüren, dass sie ernst genommen werden, besonders dann, wenn alles gerade schwer ist.

In solchen Momenten hilft es, präsent zu bleiben und einfühlsam zu benennen, was wir wahrnehmen. Zum Beispiel: „Das ist gerade ganz schön viel, oder? Ich bin bei dir.“

Damit zeigen wir, dass unser Kind nicht allein durch diese Situation muss.

Wir bleiben da und begleiten es durch die Herausforderung hindurch. Und aus dieser Erfahrung kann allmählich Kooperationsbereitschaft entstehen, in dem Tempo, das für unser Kind gerade möglich ist.

Und was ist mit uns Erwachsenen?
Auch wir haben Bedürfnisse.

Auch wir erleben Situationen, in denen uns alles über den Kopf wächst. In solchen Zeiten hilft es wenig, an uns selbst den Anspruch zu stellen, alles richtig machen zu müssen. Viel heilsamer ist es, innezuhalten und wahrzunehmen, wie es uns wirklich geht.

Wenn wir uns selbst mit Freundlichkeit begegnen, entsteht oft ein neuer Blick auf das, was gerade ist. Vielleicht braucht es dann keinen Plan, keine Lösung, sondern einfach einen Moment der Verbindung zu uns selbst und zu unserem Kind.

Was Kinder innerlich stärkt
Kinder brauchen keine perfekten Erwachsenen.

Sie brauchen Menschen, die präsent sind, die Klarheit ausstrahlen und liebevoll führen.

Was sie wirklich stärkt, ist das Gefühl, gesehen zu werden.

Mit allem, was sie sind. Wenn wir ihnen diesen Raum geben, entsteht Vertrauen. Und aus Vertrauen wächst Selbstvertrauen.

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